Sunday, February 2, 2014

Was kommt nach dem Deutschen Haus? - Tharandt - Ruairí O'Brien



Das Gebäude ist immer noch nicht abgerissen. Und doch fantasieren die Tharandter schon mal über ihre neuen Stadtmitte.
31.01.2014 Von Marleen Hollenbach

 
Das Deutsche Haus muss weg. Noch steht aber nicht fest, was auf dem Gelände entstehen soll. Die Visualisierung zeigt den Vorschlag des Architekten O’Brien.

Im Hörsaal des Tharandter Cotta-Baus ist es still. Nur ein leises Raunen kann man hören. Auf den Bänken sitzen Anwohner der Stadt Tharandt. Aufmerksam schauen sie nach vorn. Dort hat Stadtratsmitglied Manfred Oswald eine Leinwand aufgebaut. Ein Foto nach dem anderen erscheint. Es sind die Aufnahmen aus dem Inneren des Deutschen Hauses, welche die Anwohner sprachlos machen. „Dass das Deutsche Haus von außen nicht mehr gut aussieht, ist Ihnen allen bekannt. Aber hier sehen Sie erst, wie schlimm es wirklich um das Gebäude steht“, sagt Oswald. Gemeinsam mit dem Bürgermeister hat er zur Diskussionsrunde geladen. Eines aber steht schon nicht mehr zur Debatte: das Deutsche Haus selbst. „Sobald die Zwangsversteigerung des Gebäudes durch ist und das Areal der Stadt gehört, werden wir das Deutsche Haus abreißen lassen. Daran führt kein Weg vorbei“, erklärt das Stadtratsmitglied. Doch was kommt dann? Darüber wollten die Stadtvertreter mit den Bürgern sprechen. Und die kamen mit vielen Ideen.
1. Vorschlag: Ein modernes Haus der Nachhaltigkeit
Das Gelände in Tharandts Mitte hat Potenzial. Das sagt der Dresdner Architekt Ruairi O’Brien. Ihn hatte die Stadt damit beauftragt, die städtebauliche Bedeutung der Stelle zu ermitteln. Das Ergebnis: Nicht ohne Grund haben die Vorfahren hier ein so mächtiges Gebäude wie das Deutsche Haus errichtet. „Für die Stadt hat das Areal zwischen Dresdner und Pienner Straße eine große Relevanz. Hier sollte unbedingt wieder ein Haus stehen“, so der Architekt. Gute Argumente und eine Visualisierung hatte er gleich mit im Gepäck. „Wichtig ist, dass sich das Thema Nachhaltigkeit im Neubau widerspiegelt, denn das ist ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt“, sagt er. Der alte Gewölbekeller des Deutsches Hauses würde bei dieser Variante erhalten bleiben und als Lagerraum für die Händler des Naturmarktes genutzt werden. Im Neubau könnten eine Touristinformation, Ausstellungsflächen und Seminarräume unterkommen. Ein Café würde das Angebot abrunden. Eine schöne Idee, findet auch Tharandts Ortsvorsteher Otto Wienhaus. „Es ist aber auch wichtig, dass wir hier auf die Bedeutung der Universität und der Künste in Tharandt aufmerksam machen.“
2. Vorschlag: Ein Gebäude für Industrie und Dienstleister
Wie soll die Stadt Tharandt in 20 Jahren aussehen? Können wir es uns leisten, eine solche Fläche ungenutzt zu lassen? Diese Fragen stellte der Tharandter Friedrich-Gert von Seydewitz. Er plädierte für ein Gebäude, in dem sich Firmen ansiedeln können. „Auf diese Weise würden Arbeitsplätze entstehen, die Autos nicht nur durch den Ort fahren, sondern auch mal anhalten“, sagt er. Auch ein Hotel könnte sich der Tharandter vorstellen. Unterstützung bekam er von Milana Müller. „In Tharandt gibt es nur wenig Platz, deshalb sollte man eine solche Ecke nicht verschenken“, gab sie zu bedenken.
3. Vorschlag: Eine Grünfläche zum Verweilen
Felix Bräuer ist junger Familienvater. Der Wahl-Tharandter fühlt sich wohl. Und doch würde er sich einen Platz zum Verweilen wünschen. „Ob es ein Spielplatz ist oder ein Museum für Kinder, das ist am Ende egal“, sagt er. Auch Christine Borstorff, Niederlassungsleiterin der Stadtentwicklung GmbH ist von der Variante überzeugt. Sie hat sich schon lange im Auftrag Tharandts mit dem Stadtbild befasst, kennt sich mit den Bedingungen für Fördergelder aus. „Der Abriss wird gelingen. Aber wenn die Stadt dann vielleicht nicht gleich weiterbauen kann, wäre eine gestaltete Freifläche eine gute Interimslösung“, sagt sie.
Alle Beiträge der Diskussionsrunde hat sich Tharandts Bürgermeister Silvio Ziesemer (parteilos) genau notiert. „Ich kann derzeit keine Prognose abgeben, aber fest steht, dass jede Meinung und Idee aus der Bevölkerung wertvoll ist“, resümiert er.

Haben auch Sie Ideen? 
Dann schreiben Sie uns an sz.freital@dd-v.de oder wenden Sie sich an die Stadtverwaltung von Tharandt.

Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/was-kommt-nach-dem-deutschen-haus-2764966.html


Mutige Einladung an die Bürger
über die Neugestaltungder Stadtmitte
31.01.2014 Von Marleen Hollenbach

Über das Deutsche Haus diskutieren, können die Einwohner von Tharandt trefflich. Visionen und Wünsche für das Areal in der Stadtmitte haben sie viele. Eines aber sollte bei all der Euphorie bedacht werden: Noch gehört das Deutsche Haus nicht der Stadt. Noch ist die Zwangsversteigerung nicht in Sack und Tüten, das Gebäude nicht abgerissen. Verständlich deshalb der Einwurf des Tharandter Ortsvorsteher Otto Wienhaus, das Fell des Bären nicht schon zu verteilen, wenn das Tier noch gar nicht erlegt ist.
Wichtig war die Diskussionsrunde am Donnerstag trotzdem. Die Tharandter so früh in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen, das ist etwas mutig, auf jeden Fall aber gewinnbringend. Schließlich geht es nicht um irgendein Gelände, sondern um das Tor der Stadt. Ist man sich einig, was hier entstehen soll, dann ist die Chance auf Fördergelder größer. Und sollte man sich doch für einen Investor entscheiden, lässt der sich mit genauen Plänen sicher leichter beeinflussen.

Artikel-URL: http://www.sz-online.de/nachrichten/mutige-einladung-an-die-buerger-2764962.html 


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